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Steigende Neuwagenpreise: Deutsche kaufen SUVs und Elektroautos - WELT

Mitten in der tiefsten Wirtschaftskrise seit dem Zweiten Weltkrieg kaufen sich die Deutschen immer teurere Autos. Zwar ist der Absatz an Neuwagen in den ersten neun Monaten um ein Viertel eingebrochen, die verkauften Fahrzeuge waren aber im Durchschnitt deutlich teurer als im Jahr zuvor.

„Die Deutschen lieben höherwertige Autos und steigen gerne beim Autobesitz ‚auf‘“, sagt Ferdinand Dudenhöffer vom Center Automotive Research, der die Daten erhoben hat. Im Durchschnitt kostete ein Neuwagen im laufenden Jahr 37.710 Euro, das sind 8,1 Prozent mehr als im Vorjahr.

Hinter diesem Aufstieg stehen zwei grundsätzliche Trends in der Branche. Erstens entscheiden sich Autokäufer in Deutschland und weltweit seit Jahren immer häufiger für SUV (Sports Utility Vehicle) und gegen die klassische Form der Limousine. Zweitens nimmt der Wandel zur Elektromobilität gerade kräftig an Fahrt auf. Bereits mehr als jeder zehnte in diesem Jahr verkaufte Pkw im Land hatte einen Elektromotor.

Quelle: Infografik WELT

Beide Entwicklungen führen dazu, dass Neuwagen im Durchschnitt teurer werden, weil sowohl SUVs als auch elektrifizierte Wagen höhere Listenpreise aufweisen. Außerdem hätten die deutschen Autokäufer eine Tendenz, trotz Corona-Krise hochwertige Produkte zu kaufen, sagt Dudenhöffer.

„Die Marktanteile von Elektroautos, SUVs und den deutschen Premiummarken Audi, BMW, Mercedes und Porsche sind in diesem Jahr deutlich gestiegen.“ Tatsächlich hat der Experte für die vier deutschen Hersteller seit Jahresbeginn einen Anteil von 27 Prozent an allen Zulassungen errechnet, nach 25 Prozent im entsprechenden Vorjahreszeitraum.

SUVs haben demnach in diesem Jahr erstmals die Schwelle von einem Drittel Marktanteil überschritten – und zwar um 1,4 Prozentpunkte auf 34,4 Prozent. Das größte Wachstum verzeichnen aber Autos mit Elektromotor, also vollelektrische Pkw mit Batterie und Plug-in-Hybride.

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Sie kommen nach Dudenhöffers Berechnungen zusammen auf einen Anteil von 9,9 Prozent aller Verkäufe von Januar bis September. Noch im vergangenen Jahr waren Elektroautos mit einem Anteil von weniger als drei Prozent der verkauften Wagen dagegen eine Randerscheinung im Markt.

Dass die beiden Trends den Durchschnittspreis in die Höhe getrieben haben, verwundert nicht. Ein SUV kostet derzeit im Schnitt 40.786 Euro, ein Elektroauto 47.454 Euro – beide Werte liegen über dem mittleren Preis eines in Deutschland verkauften Neuwagens. Je mehr diese Kategorien also an Gewicht gewinnen, desto weiter ziehen sie den mittleren Preis am Markt nach oben.

Quelle: Infografik WELT

„Die deutschen Autokäufer ‚lieben‘ offensichtlich bessere, schönere, umweltfreundlichere Autos“, sagt Dudenhöffer. Der „viel besungene Abschied vom Auto“ sei deswegen eine weniger realistische Behauptung. Vielmehr sei die Pkw-Dichte in den vergangenen zehn Jahren permanent gestiegen: Pro 1000 Einwohner gibt es in Deutschland heute 574 Pkw, 2009 lag der Wert noch bei 504.

Die Preisentwicklung des laufenden Jahres hebt sich deutlich von der Kurve der Automobilpreise der vergangenen Jahrzehnte ab. Seit den 80er-Jahren waren die Preise relativ gleichmäßig gestiegen – etwa im Gleichschritt mit der Inflation. Einen ähnlich starken Ausschlag wie 2020 gab es zuletzt in der Finanzkrise 2009. Damals waren die Preise allerdings gesunken, wie man das in einer Krise auch erwarten könnte, wenn Unternehmen versuchen, ihren Absatz zu stabilisieren.

Die Politik hatte die Autoindustrie 2009 mit einer Abwrackprämie unterstützt. In der Folge wurden laut Dudenhöffer überwiegend Kleinwagen verkauft, sodass der Durchschnittspreis der Neuwagen insgesamt auf 21.770 Euro fiel. Nach dem Auslaufen der Abwrackprämie stieg der Wert sofort wieder auf das Vorkrisenniveau.

Diesmal wirkt die staatliche Förderung in der Krise offenbar in die entgegengesetzte Richtung. Statt einer Wechselprämie für alte Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor haben Bund und Länder die Kaufanreize für Elektroautos kräftig gesteigert. Bis zu 9000 Euro Prämie gibt es für reine E-Autos und maximal 6750 Euro für einen Plug-in-Hybrid, selbst teure Wagen für mehr als 40.000 Euro werden noch mit Tausenden Euro Prämie gefördert.

Das heizt die Verkäufe dieser Wagen massiv an. Und es führt dazu, dass in Summe deutlich teurere Wagen gekauft werden. Dudenhöffers Berechnungen basieren auf den Listenpreisen und berücksichtigen die Prämien nicht.

Der Kaufimpuls ist aus Sicht der Hersteller positiv, denn mit teuren Wagen erzielen sie in der Regel höhere Gewinne. Auf der anderen Seite hatte der Staat durch erweiterte Kurzarbeitsregelungen dafür gesorgt, dass die Kosten durch nicht optimal ausgelastete Fabriken nicht überhandnehmen.

Für die Kunden in Deutschland werden Elektroautos durch die Förderung wirtschaftlich konkurrenzfähig gegenüber Wagen mit Benzin- oder Dieselmotoren. Nach Berechnungen des Autoleasing-Anbieters LeasePlan liegen die durchschnittlichen monatlichen Gesamtbetriebskosten elektrisch betriebener Mittelklassewagen bereits unter den Kosten von Verbrennern: 1026 Euro pro Monat für einen Benziner stehen in der Kalkulation 938 Euro für ein E-Auto gegenüber, der Diesel liegt mit monatlichen Kosten von 1003 Euro dazwischen.

Dabei machen beim Elektroauto noch immer die Abschreibungen den größten Kostenblock aus. Die Kosten für den Strom sind selbst verglichen mit den aktuell günstigen Kraftstoffpreisen deutlich billiger, und die Wartungskosten für E-Autos liegen erheblich unter den Kosten für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor. Dazu kommt, dass die Halter von Elektrofahrzeugen in Deutschland bis 2030 von der Kfz-Steuer befreit sind.

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